Was ist Coaching?

Kürzlich führte ich einen Workshop mit dem Titel „Was ist Coaching?“ in einer angesehenen Firma durch. Führungskräfte, Projektleiter und Angestellte waren unter den Teilnehmenden. Einige unter Ihnen haben sich auch Coachen lassen und agieren schon als Coach. Nach der Einführung sollten die Teilnehmer ihre bisherigen Kenntnisse auf Papier bringen, was sie denken, was Coaching ist. Als erster stand auf dem Flipchart Ratgeber und danach auch u.a. Beratung, Unterstützer, Hilfe zur Selbsthilfe usw.

Einige schauten erstaunt und etwas ungläubig, als ich sagte, ein Ratgeber oder ein Berater ist ein Coach definitiv nicht.  

Menschenbild des Coaches

Einen wahren Coach erkennen Sie daran, wie er den Menschen sieht und behandelt. Ein Coach kann im übertragenen Sinne den Coachee als ein leeres Glas sehen, das man von außen, am besten mit seinen eigenen Ratschlägen, Wissen, Erfahrung oder Fähigkeiten füllen muss um erfolgreich zu sein oder als einen Samenkorn sehen, der jegliches Potenzial, Fähigkeiten und Ressourcen in sich trägt sein persönliches Ziel zu erreichen.

Ein Samenkorn geht ganz von alleine auf, wächst aus sich heraus und beginnt zu blühen, wenn Wasser, Sonne, Erde und Luft vorhanden sind.

Genau so wächst auch ein Mensch aus sich heraus, wenn er eine vertrauensvolle, wertschätzende und professionelle Umgebung  vorfindet, die er förderlich, inspirierend, emotional und motivierend empfindet.

Kein Coach wird das leugnen. Doch in der Realität sieht das leider oft anders aus. Ich erlebe Coaches die eher beraten oder auch nicht unterscheiden können. Ich möchte zugeben, dass auch ich mich ab- und dann dabei ertappe meinen Lösungsweg vorzuschlagen zu wollen, aber zum Glück gelingt es mir mich selbst zu bremsen und zu reflektieren, weil es mir bewusst ist, welchen Schaden ich damit anrichten kann. Einen Tipp zu geben oder etwas vorzuschlagen sollte eine absolute Ausnahme, und zwar nur dann, wenn der Coachee all seine Erkenntnisse ausgeschöpft hat und der Coach keinen anderen Ansatz mehr hat, ihn dabei zu unterstützen, dass er es selbst findet. Wenn der Coach professionell genug ist, sollte das gut funktionieren.

Coach und Coachee auf Augenhöhe

Coaching kann aus meiner Sicht am besten nur auf Augenhöhe funktionieren. Aus der Psychologie wissen wir, dass unser Unbewusstes unsere Entscheidungen, unser Denken, unser Verhalten und unsere Körpersprache stark beeinflusst. Wenn nun ein Coach sich als Experte ausgibt (Ich kenne die Lösung für Ihr Problem) und sich so verhält, kann das im Coachee unbewusste Impulse auslösen die je nach Mensch und Erfahrung unterschiedlich sein können. Übertragung und Projektion sind die Fachwörter dafür. Einer passt sich unbewusst an, weil er damals als Kind Papas Liebling war, der andere wird Misstrauisch, weil er damals von Erziehungspersonen schlecht behandelt wurde und ein anderer wird manipulativ weil er früher seine Mutter so für sich gewinnen konnte etc. Auch auf der Seite des Coaches können Gegenübertragungen zur Dissonanz im Coaching führen.

Coaching oder Therapie

Coaching ist auch keine Therapie, wo man eher auf der Suche nach Ursachen für bestimmte aktuelle Konflikte in der Kindheit sucht. Coaching ist Prozessorientiert und hat einen Anfang, ein zeitliches Ende und ist Lösungs- und Zielorientiert.

 

Coaching und Emotionen

Wissen alleine kann den Menschen nicht verändern. „Ich denke also bin ich“ vom Philosophen Descartes ist zum Glück schon längst überholt. Heute betrachten wir den Menschen mit all seinen wertvollen Ebenen Verhalten, Denken, Fühlen, Emotionen und Physiognomie. Veränderungen gelingen umso besser und schneller, wenn der Coachee sich als Ganzes wahrgenommen fühlt und somit auch auf der emotionalen Ebene sein Thema und Ziel spüren und ausdrücken kann.  

Daher empfehle den Emotionen im Coaching unbedingt Raum und Zeit zu geben, wenn sich bei dem Coachee Emotionen bemerkbar machen. Und hier sind wir bei einem sehr wichtigen Punkt was die Fähigkeiten eines professionellen Coaches angeht. Der Coach sollte in der Lage sein, mit einer aufkommenden emotionalen Situation umzugehen, statt diese zu ignorieren oder gar zu unterdrücken.

Wenn der Coach aber aufgrund seinen persönlichen Prägungen eher der distanzierte Typ ist und mit Emotionen nicht umgehen kann, weil er auch seine eigenen Themen nicht bearbeitet hat, kann das für den Coaching Prozess ein Stolperstein sein. Der Coachee spürt, dass der Coach damit nicht umgehen kann. Diese Situation kann beim Coachee Zweifel, Hilflosigkeit oder Misstrauen hervorrufen, weil dann ein Gefühl entsteht, ich werde nicht wahrgenommen.   

Meine persönliche und bereichernde Erfahrung ist, dass Emotionalität im Coaching sehr förderlich ist, weil es ein Zeichen dafür ist, dass der Coachee Vertrauen zum Coach und zur Vorgehensweise spürt, in seine persönlichen Tiefen geht, sich persönlich öffnet und seine Themen, Verletzungen, Hindernisse oder Baustellen bewusst macht und sich so frei macht und dann mit dieser entbundenen Kraft nach vorne gehen kann.  

Ich hoffe sehr, dass diese Hilfestellung Ihnen helfen wird!

Falls Sie Fragen, Kritik oder Anregungen haben, so freue ich mich von Ihnen zu hören.




zurück zur Übersicht